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  • AutorenbildHubsiunterwegs

Warum tun wir, was wir tun?

Was will ich mit dem Teil überhaupt? Will ich überhaupt? Wollen meine Familie, die Umwelt, so ganz allgemein, vor allem aber die soziale, wollen die Umstände das Teil überhaupt? Fragen über Fragen! Deren Beantwortung einzig in uns selbst zu finden sind.

Wofür, besser in welcher Funktion nutzte ich es überhaupt? Noch mehr Fragen, die sich daraus ergeben. Ist es Lebenseinstellung, Neugierde, als wichtiger Teil davon, ist es Flucht oder das bedingte Gefühl einer Individualität und Freiheit?


Vorweg, nach diesen durchaus essentiellen Fragen, wollen wir uns Gedanken machen, ob ein Unterschied zwischen dem Camping mit einem Caravan, einem Wohnwagen, mit einem Zelt und dem Camping mit einem Wohnmobil besteht.


Ich denke ja. In meiner, in unserer Definition und Intention sind wir mit dem Hubsi, unserem 40 Jahre alten Hymer, in erster Linie unterwegs, um fremde Städte, fremde Landschaften und, die ganze Welt ist unser Garten, die Schönheiten dieser Welt zu erkunden und für uns zu erobern.


Somit ergibt sich daraus der Umstand, dass die Dauer unseres Aufenthaltes an einem bestimmten Ort zeitlich limitiert ist. Wir haben einen Einblick bekommen, tauchen ein, in andere Lokalitäten, genießen uns unbekanntes Essen, bewundern die Faszination anderer Architektur als der unserer Heimatstadt, und wenn die erste Neugierde befriedigt ist, packen wir unsere Gepröttel wieder zusammen, stopfen die Vierbeiner zurück in den Hubsi und suchen das nächste Abenteuer.


Das klingt, während ich es schreibe, gehetzt und erinnert an das alte Bonmot vom Europa besuchenden Japaner: Deutschland in drei Tagen, Europa in zwei Wochen. Rein, raus, Foto schießen und weiter.


Dem ist aber nicht so. Meist stehen wir zwei bis drei Tage an einem Ort und fahren danach zur nächsten Lokalität. Die ist nicht allzu weit entfernt, denn mit 80 km/h wachsen Entfernungen in ungeahnte Größen. Außerdem, wir sind nicht auf der Flucht.

Im Gegensatz dazu stellte sich eine solche Tour mit Zugmaschine und Anhänger als zeitlich zu aufwändig dar. Schon das Aufstellen eines Wohnwagens beansprucht eine ganze Menge Zeit. Hier bietet sich aber das sternförmige Eruieren der näheren und weiteren Umgebung. Und doch, die Freiheit, das nächste Reiseziel durch blindes Tippen auf den Atlas auszuwählen, lässt sich einfacher mit einem Wohnmobil bewerkstelligen.


Zeltauf- und -abbau dauert, nach meinen bescheidenen Erfahrungen noch länger. Obwohl es heute sehr moderne Konstruktion zu erwerben gibt, bei denen das filigrane Zeltgestänge durch aufblasbare Luftkammern ersetzt wurde. Gleichwohl dauert es eine ganze Weile, das Gasgemisch hinein und am Ende auch wieder heraus zu bekommen. Und am Schluss muss alles wieder im Kofferraum verstaut werden. Ein Unterfangen, das doch sehr an den Umgang mit den antiken Faltplänen erinnern will, die von der Firma Falk vertrieben wurden. Man bekommt es nie wieder so hin, wie ursprünglich geplant. Und am Ende wird alles nur noch hineingeworfen und gestopft, in der stillen Hoffnung, dass der Verschluss des Kofferraums die Heimfahrt übersteht und nicht unvermittelt auf der Autobahn aufspringt. Dieses daraus entstehende Chaos wäre dann wenigstens eine Meldung in den lokalen Hauptnachrichten wert.


Und viele andere, die wir auf unseren Reisen und Fahrten beobachteten oder mit denen wir in Kontakt traten und treten, agieren auf eine ähnliche Weise. Sie kommen und schauen. Sie landen und wollen lernen. Sie wandern, um zu erfahren.

Lassen wir diejenigen hier außen vor, die Wochenende für Wochenende auf ein und denselben Stellplatz fahren. Die wollen mir eher wie Schrebergärtner vorkommen. Gleichwohl auch hier der Gedanke der Freiheit, der Flucht aus dem Alltag zu einem gerüttelt Maß als Antrieb gesehen werden darf.


Der Mensch neigt nun einmal zum Kategorisieren, das vereinfacht das Denken und das Entscheiden.


Im Gegensatz zum gemeinen Touristen, stellt also der Camper, mit Wohnwagen und oder Zelt, denjenigen dar, der sich nicht in eine Bettenburg zwingen lassen will. Dem es gegen den Strich geht, in einem kantinenartigen Raum, zu festgefügten Zeiten, Kaffee und Brötchen, Pasta und Wein, Würstchen und Braten nach Zu- und Einteilung zu fassen. Auch hier will die Freiheit genossen werden. Essen wenn man Hunger hat und nicht, wenn der Zeitplan es vorschreibt. Aufstehen wenn ich wach bin, weil die Sonne mein Gesicht küsst und nicht, wenn der Zeitplan es aufzwingt. Und vor allen Dingen und am wichtigsten, den Urlaub draußen in der Natur, an der frischen Luft zu verbringen ist viel schöner als in Glas, Stahl, Beton und Asphalt. Dazu gesellt sich der Umstand der Gemeinsamkeit, der schon beinah Stamm- oder Clanartige, der auf einem Campingplatz, auf einem Stellplatz herrscht.


Im Gegensatz zu den Bettenburgen, egal ob an den berühmt berüchtigten Hotspots oder an vermeintlich landschaftlich herausragender Stelle gelegen, die doch meist, einerlei wie groß die Zimmerfluchten sind, an einen Bienenstock oder einen Ameisenstaat erinnern.

Nachdem nun der Unterschied angedeutet ist, der sich doch nur in der Marginalität der relativen Mobilität festmacht, das Gemeinsame.


Der Drang nach Freiheit, fernab der Konformität, schließlich gleicht kein Camper, kein Wohnmobil, auch keine Laube, trotz einheitlicher Grundrisse, dem anderen, eint uns. Auch der Schrebergärtner, sowohl der sprichwörtliche, ebenso wie der mobile auf dem immer gleichen Stellplatz, schätzt doch seine Individualität, seine Unabhängigkeit und die Nonkonformität, in der das Leben und das positive Gefühl, das dadurch erzeugt wird, gestalten will und kann und noch darf.


Hier drängt sich die Frage nach dem "Warum" zwingend auf. Oder anders formuliert, ist es tatsächlich nur ein Hobby oder doch mehr Lebenseinstellung, eine tief verborgene Erinnerung, beinah ein kollektives Gedächtnis, an eine längst vergangene Zeit.

Ohne zu tief in die Materie einsteigen zu wollen, einen kirchenhistorischen und kirchenphilosophischen Disput vom Zaune zu brechen und in eine Grundsatzdiskussion über das Leben, das Universum und den ganzen Rest abzudriften, soll doch folgende kleine Überlegung aufgeführt werden.


Schon einige Jahre vor den umwälzenden soziologischen Ereignissen der jüngsten Vergangenheit, begann die weitfassend Campingbranche getaufte Freizeitindustrie mit ungeahnten Zuwachsraten aufzutrumpfen. Es waren nicht nur die vor allem in den sozialen Netzwerken existierenden Vanlifer, die dies in die öffentliche Wahrnehmung transferierten, sondern ganz allgemein. Immer ein wenig belächelt als Wirrköpfe, Aussteiger, wo von eigentlich, und skurrile Figuren.


In der Genesis, vor allem dem ersten Buch Mose, werden zwei essentiellen Erzählungen aufgeführt. Die vielbesungene Vertreibung aus dem Paradies und die Geschichte der Söhne des Abraham, Jakob und Esau.


Um das folgende zu verstehen, machen sie sich bewusst, dass vor etwa acht bis zehntausend Jahren eine der Wiegen unserer heutigen Zivilisationen im Alluvium, dem fruchtbaren Halbmond, der Mündung von Euphrat und Tigris, entstand. Die Temperaturen waren höher als heute, Mutter Natur, welch großer Begriff, spendete den nomadisierenden Stammesgruppen Nahrung im absoluten Überfluss. Und dennoch entscheiden sich die Jäger und Sammler Stück für Stück ihre Lebensweise zu ändern und immer sesshafter zu werden. Damit gaben sie einen Teil ihrer bisherigen Freiheit zu Gunsten einer angestrebten Sicherheit in der Nahrungsversorgung auf. Die Vertreibung aus dem Paradies? Ich stehe keinesfalls alleine mit dieser Meinung auf weiter Flur.


Dazu empfehle ich, sich das kurze Brevier: "Die Mühlen der Zivilisation" von George C. Scott (aus dem Suhrkamp Verlag, ISBN 978-3-518-58729-4), dass diese eklatante Änderung der Zivilisationsform beschreibt, zu Gemüte zu führen. Es stellt einen kurzen aber intensiven Abriss der aktuellen Forschung der Vor- und Frühgeschichte dar.


Die Geschichten über das Buhlen von Jakob und Esau um die Gunst ihres Vaters Abraham, stellt einen tragischen Teil im 1. Buch Mose dar. Besonders die Figur des Esau, wenn auch nur in kurzen Teilen grob durch eine deskriptive Erläuterung seines Phänotyps umrissen, definiert den auch zu dieser Zeit noch immer in großer Zahl vorhandenen ursprünglichen Lebensstil des Nomadentums.


Führt man sich dabei vor Augen, dass sogar noch im Codex Hammurapi, vor etwa 3800 Jahren verfasst, noch immer starke Strafen für das Verlassen der Gemeinschaft und hohe Belohnung für das Ergreifen dieser, mangels besserer Formulierung will ich sie Flüchtlinge nennen, ausgesetzt sind, bestand und besteht dieses Problem länger, als die Schulgeschichte es uns glauben machen will.


Ein Verweis auf die noch immer umhervagabundierenden Volksgruppen erübrigt sich aus der Geschichte heraus, die den Umgang des Städters und damit den des Staates mit dem "Fahrenden Volk" ausreichend beschreibt.


Vor diesem Hintergrund, dem Anriss an weiteren Informationen, will ich mich an die Beantwortung der eingangs gestellten Frage machen.


Es ist eine Mischung aus allem. Es ist eine Flucht, aber sicher nicht eine Flucht vor sich selber, sonder eine Flucht vor dem immer enger werdenden Zwängen dessen, was wir großspurig Zivilisation nennen. Eine Flucht vor der Technokratisierung, der Einebnung aller individuellen Unterschiede, durch sich immer weiter angleichende Lebensläufe.

Es ist das Aufbäumen der Individualität, bei aller Ähnlichkeit der Gefährte, gleiches Problem, der Ausbau und die Nutzbarkeit, führt zu ähnlichen Lösungen. Und, der vielleicht wichtigste Punkt wie weiter oben bereits angesprochen, die tief in uns schlummernde Erinnerung an eine Zeit, als keine Mauern, keine Steuern, keine technologischen Schreckgespenster über uns und unsere Wege und Träume bestimmen konnten.

Machen wir uns also weiter auf den Weg, mit dem Campermobil, mit dem Caravan, mit Zelt oder gar einem Boot, hinaus in die Laube, in die Natur an unbekannte Orte, denn, die Welt ist unser Garten.


Schließlich heißt der Satz in der ursprünglichen Form der Bibel, im altaramäischen, nicht, dass wir uns die Welt Untertan machen sollen, sondern urbar machen und nutzen dürfen.


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